KREISUMLAGEBESCHEID 2024

Diesen Sachvortrag bekamen alle Kraillinger Gemeinderatsmitglieder fristgerecht eine Woche vor der Sitzung am 27.02.2024, nachdem BGM Haux bereits vorab über das Thema informiert hatte:

„Beim Landratsamt im bayerischen Behörden-aufbau handelt es sich grundsätzlich um eine Doppelbehörde. Zum einen nimmt es als untere staatliche Verwaltungsbehörde die vom Freistaat Bayern zugewiesenen staatlichen Aufgaben wahr (z.B. untere Naturschutzbehörde, untere Immis-sionsschutzbehörde, etc.) zum anderen die Aufgaben des Landkreises als kommunale Gebietskörperschaft mit den Aufgaben des Landkreises im eigenen Wirkungskreis (z.B. Krankenhäuser, Schulaufwandsträgerschaft für die weiterführenden Schulen, etc.).

Bereits im Rahmen der Planungen zum Kreishaushalt 2023 wurde dem Landkreis dargelegt, dass eine Finanzierung von Aufgaben-zuweisungen des Freistaates Bayern über die Kreisumlage rechtlich problematisch erscheint. Insbesondere die damals für die Erhöhung der Kreisumlage genannte Kostensteigerung im Personalbereich für die Wohngeldzahlungen betreffen den übertragenen Wirkungskreis des Landkreises, so dass diese vom Freistaat Bayern zu finanzieren wären und nicht von den Gemeinden über die Kreisumlage. Insgesamt hätte der Freistaat Bayern für die Erfüllung aller staatlichen Aufgaben aufzukommen. Bislang wurde für die Finanzierung des Kreishaushaltes seitens der Landkreise gerne der bequeme Weg über die Kreisumlage gewählt. Etwas vereinfacht dargestellt, wurden die Einnahmen über die staatlichen Zuweisungen sowie die sonstigen Einnahmen veranschlagt, den Gesamtausgaben gegenübergestellt und die verbliebene Finanzierungslücke über die Kreisumlage von den Gemeinden erhoben.“

[Bezüglich einer ersten Rechtseinschätzung gab es den Hinweis auf eine Stellungnahme eines Rechts-Professors, der im Auftrag ALLE Gemeinden des Landkreises dazu ein Gutachten erstellt.]

„Auf Basis der aktuellen Zahlen für das Jahr 2024 würden sich bei einem Fremdfinanzierungs-anteil der Gemeinden von 8,5 Mio. Euro zugunsten des Freistaates Bayern alleine für die Gemeinde Krailling eine Belastung von ca. 433 TEUR ergeben. Da es sich bei den 8,5 Mio. Euro nur um eine erste überschlägige Berechnung des Landkreises handelte, könnte die tatsächliche Belastung der Gemeinden noch deutlich darüber liegen. Dementsprechend und je nach Entwicklung der Umlagekraft der Gemeinde wird sich die jeweilige jährliche Belastung der Gemeinde verändern.

Die einzige rechtliche Möglichkeit gegen eine unsachgemäße Berechnung der Kreisumlage vorzugehen, besteht darin, gegen den noch ausstehenden Bescheid des Landkreises direkt innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht München zu erheben. Aufgrund der damit verbundenen Vorarbeiten (Koordination mit den anderen Landkreisgemeinden/der Stadt Starnberg, Beauftragung Rechtsanwaltskanzlei, Erstellung Gutachten, etc.) bedarf es vorab einer recht-zeitigen Entscheidung des Gemeinderates, damit fristgerecht ein Rechtsbehelf zur Ver-meidung der Bestandskraft des Umlage-bescheides eingelegt werden kann. Nur durch ein Klageverfahren kann sichergestellt werden, dass die Gemeinde von einer geänderten Umlage-berechnung profitieren kann.“

(Quelle: Gemeinde Krailling)

 

Zurecht wurde von den GRÜNEN beantragt, diesen Punkt öffentlich zu behandeln, hier waren alle einstimmig dafür.

 

Der von der Gemeinde beauftragte Rechtsanwalt führte dann aus:

  • Eine Teilklage nur gegen den Kostenanteil (hier ca. 433.000€), der eigentlich vom Staat finanziert werden müsste, ist möglich.
  • Die Klage kann ohne Begründung eingelegt werden
  • Klage-Kosten dafür wären ca. 10.000€.
  • Die Rechtsschutzversicherung der Gemeinde würde dieses Verfahren bis zu einer Höhe von 80.000€ finanzieren.
  • Der Anwalt sprach von Risiken, vor allem hinsichtlich einer möglichen Haftung von Gemeinderatsmitgliedern im Hinblick auf die Weigerung, der Gemeinde zustehendes Geld zu fordern; die Haftung allerdings war und ist in der Rechtsprechung bisher kaum geklärt.

 

Auf Wunsch von CSU und GRÜNEN kam dann noch Landrat Frey (CSU) zu Wort und stellte seine – wohl nicht zufällig ausgearbeiteten – Überlegungen vor:

  • Gemeinderatsmitglieder haften nicht.
  • Eine Rechtmäßigkeit der Verwaltung wird und kann angenommen werden.
  • Klage hat wohl keinen Erfolg, andererseits könnte der Landkreis gegen den Freistaat klagen (Leistungsklage).
  • Eine Klage sei nicht vernünftig, weil gesetzliche Grundlagen besagen, dass der ungedeckte Bedarf über die Kreisumlage zu decken sei.
  • Entscheidungen bezüglich der Berechnung der Kreisumlage gibt es: Der Kreiskämmerer muss gemeindlichen Finanzbedarf feststellen, der Kreistag muss dies mit den eigenen Belangen gleichrangig berücksichtigen, muss aber nur alle Gemeinden gesammelt betrachten.
  • Bei einer Klage prüft Verwaltungsgericht nicht, ob der Landkreis unterfinanziert ist, sondern nur ob der Bescheid formal i.O. oder offensichtlich fehlerhaft ist.
  • Der Landrat sagt zu, das formale Verfahren zu verbessern und zu intensivieren, unabhängig von der Klage.
  • Der Kreis wird keine zwei Klagen führen (d.h. nur wenn die Gemeinde nicht klagt, klagt vielleicht der Kreis gegen den Freistaat).
  • Kreisausschuss hat Mittel für eine Klage ein-gestellt. Er würde die laufenden Einsparungen der freiwilligen Leistungen als “Sparbeitrag“ vor Gericht vorbringen.
  • Landrat Frey will sich das o.g. Gutachten genau anschauen.
  • Er rät Krailling von der Klage ab.

 

Ob einzig die Erwähnung von Haftungsrisiken als Gemeinderatsmitglied durch die Verwaltung als „Drohung“ verstanden werden kann ODER nicht auch der Hinweis, der Landkreis werde sich nur dann – und auch nur ggf. – gegen den Freistaat wenden, wenn Krailling nicht klagte, konnte nicht ausdiskutiert werden, GRM Walterspiel (CSU) ergänzte den Beschluß um eine Klausel, daß der Gemeinderat den Verzicht auf die Klage wohl-begründet gefällt habe. In jedem Falle ist nicht klar, ob nicht Krailling eine knappe halbe Million € mehr zustünden.

Immerhin durfte im Gemeinderat auch die „BEKLAGTE PARTEI“ sprechen, denn die Gemeinde hätte ja gegen das durch Landrat Frey vertretene Landratsamt Starnberg (letztlich aber natürlich den Freistaat) geklagt.

Letztlich sprachen sich nur die FDP und ein weiteres Gemeinderatsmitglied für den Rechtsweg aus, die Mehrheit war dagegen.

Das Thema wird wohl 2025 wieder auf die Tagesordnung kommen. Vielleicht gibt es bis dahin mehr Klarheit durch das Gutachten und durch einen Kreistagsbeschluss.

(SKS), Foto: Sefzig.


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